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Der Mental-Coach


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Nachrichten aus der Dr. Ehrhardt Akademie für Mentale Fitness - Ausgabe November 2018 rote Linie

 

Erkenne und akzeptiere dich selberVerstanden zu werden, sich selber verstehen, plötzlich Worte für etwas zu haben, was bisher im Diffusen Angst erzeugte, das tut gut, das macht frei und wieder handlungsfähig. Das Gegenteil ist nicht mehr zu wissen, was ist real, wer bin ich wirklich. Das sich verlieren in Phantasien, das erstarren in Angst und Panik, das aufwachen nach einem blöden Traum, die verzerrten Wirkungsbeschreibungen anderer, wie man sich (angeblich) verhalten habe. Und dann wieder dieses einfühlende Verständnis von Menschen, die einem wohlgesonnen sind, Fremde, Freunde, die eigenen Kinder, der Lebenspartner. Wie oft haben einen Vater und Mutter schon nicht verstanden und wie zum Teufel soll man damit umgehen. Der wohlwollende laut ausgesprochene Dialog mit sich selber, der Mut sich selber Fragen zu stellen und die Gelassenheit, die entsteht, wenn man sich selber zuhört. Wozu führten große Künstler wie Goethe oder Hermann Hesse Tagebuch und was wir von ihnen lernen können. Erkenne und akzeptiere dich selber. Es wird Zeit.

1. Hermann Hesse im Tessin      

Als Student der Sozialpsychologie im Sozialismus (unsere Professoren waren der Meinung, WIR seien die einzigen, die ihn retten könnten), was für eine Mischung aus Größenwahn und Hilflosigkeit (intensivst gefühlt) hatte ich im 2. Studienjahr eine massive Sinnkrise. Erlebt als schwerer depressiver Schub. Zu nix Lust, keine Energie, alle sind blöd und ich das ärmste Stück Seltsam dieser Welt. Vermutlich beim Bier im Roten Hirsch hatte ich wohl das Wort Hermann Hesse aufgeschnappt und zog am nächsten Tag in der mir (damals?) eigenen Radikalität in die Universitätsbibliothek, schnappte mir die ganzen Karteikarten (es war 1973!) und zog mit einem Stoffbeutel voller Bücher (alles was da war) in meine Bude und las alles durch. Narziss und Goldmund, Knulp, Das Glasperlenspiel, Siddhartha. Der Steppenwolf, heute würde ich das eine Überdosis nennen. Das Wunder geschah, ich stand auf, verließ den Sumpf trüber Gedanken und widmete mich wieder dem Alltag des Studierens.

Hermann HesseWas war passiert. Da ging es plötzlich anderen Menschen genauso wie mir. Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Todessehnsucht, Identitätsverlust, negativstes Selbstwerterleben. Das konnte man alles detailliert benennen. Das gab es also öfter. In verschiedenen Kulturen und Epochen. Alles „normal“. Kein Grund aufzugeben und zu sterben. Sortieren, benennen und Lösungen waren wieder möglich. Ein professioneller Wortkünstler und lebenserfahrener Mensch hatte Psychotherapie betrieben. Gib allem einen Namen und blas den Nebel weg. Ich war so froh und wieder voll da. Seitdem habe ich Knulp unendlich oft weiterempfohlen, Siddhartha im Kino gesehen, mir wurde immer warm, wenn ich nur den Namen Hermann Hesse gedacht oder gehört habe.

Hermann Hesse Museum Als die Sendung Wunderschön vom WDR (eine unsere Lieblingssendungen) mal aus dem Tessin kam und die Museumschefin des Hermann Hesse Museums in Montagnolia ihr Buch "Mit Hermann Hesse durchs Tessin" vorstellte, war es natürlich am nächsten Tag auf meinem Schreibtisch. Das Ziel wurde definiert, das Buch gelesen, die Wanderwege und die Grottos im Internet betrachtet und die Vorfreude wie üblich gesteigert. Dazu fiel mir ein Gedichtband von Hermann Hesse in die Hände und ich stöberte mich von Gedicht zu Gedicht. Mit erstaunlichen Erkenntnissen. Es ging diesmal um das Leben eines alternden Mannes/Genies. Das Leben mit Krankheiten, mit dem Verlust von Elementarkompetenzen, um Wut und Angst. Um die vielen Mischungen zwischen Todessehnsucht und Lebenswille, dem erhöhten Genuss der Alltags-Kleinigkeiten und dem Loslassen von früheren Wichtigkeiten. Alles meine Themen. Und wieder wurde ich an depressiven Fallen vorbeigeschleust. Die Zielformulierung: 3. Oktober 2018, wir besuchen meinen alten und neuen Lehrer Hermann Hesse im Tessin. Sein Haus, seine Kneipen, seine Wanderwege. Wir atmen Weisheit.

Und genauso war es denn auch. Das Museum ist eine Wucht. Mitten im Ort: http://www.hessemontagnola.ch Es gibt einen Film über sein Leben, man steht vor seiner Schreibmaschine, Fotos und Dokumente, viel Bekanntes im Original und manch Neues, mit Überraschungs- und Überwältigungseffekt. Man ist quasi bei ihm direkt zuhause. Hermann Hesse hat übrigens die letzten 15 Jahre seines Lebens als Briefpsychotherapeut verbracht. Er hat jeden Tag Briefe beantwortet. Zu Lebensfragen. Sehr differenziert, liebevoll, weise und zum Teil sehr „direkt“. (Kostenlose hochwertige Psychotherapie!) Seine Söhne erzählen und man wird Zeuge, was er gemacht hat, bevor er starb. (Überraschung muss sein). Faszinierend. Vitalisierend. Es gibt einen Wanderweg mit 11 Stationen, bestens ausgeschildert und natürlich isst man dann auch inmitten der Kastanienwälder in einem seinem Lieblingsgrottos: http://www.grottocavicc.ch


Für Die Fans des Mentalen Selbstmanagements geht es hier um Akzeptanz düsterer Seiten im eigenen Leben, insbesondere dem sich stellen von intensiven negativen Gefühlsmischungen. Empfehlung: Der Besuch dieses Kraftortes, dazu die 5 besten Hermann Hesse Bücher plus dem Kurs Emotionale Autonomie.


2. Kerstin Ott outet sich

Kerstin Ott Wenn ein Künstler eine Biographie schreibt, hat das immer auch kommerzielle Neben-Hintergründe. Das Phä-nomen Kerstin Ott, die Frau, die fast immer lacht, hat sehr viel mit Authentizität zu tun. Als Künstlerin ist sie aus dem Nichts erschienen. Das Lied „Die, die immer lacht“ wurde als CD 1,1 Millionen mal verkauft, und über 140 Millionen auf Youtube angeclickt. Das 2. Album "Mut zur Katastrophe" kletterte sofort nach Erscheinen auf Platz 3 der deutschen Charts. Hmm. Hier läuft irgendwas anders. Eine Frau, die sich treu bleibt („ich kann immer wieder als Maler arbeiten"), die Situationen, in denen sie sehr weit unten war, detailliert beschreibt, in denen sich fast jeder sofort wiederfindet, das scheint es nicht allzu oft zu geben. Wer mal reinhören und sich Videos anschauen will: http://www.kerstinott.de

Kerstin Ott "Die fast immer lacht." Diese Autobiographie ist auch eine Flucht nach vorn. „Bevor Journalisten in meinem Leben herumschnüffeln, erzähle ich lieber alles selber“. Die Abstürze und Fehler, die z.T. schlimmen Umstände und wie sie da wieder rausgekommen ist, das geht tief unter die Haut. Ein ehrliches Buch, auch etwas zum mitgruseln. Der Fakt, dass ich da 6-mal vorkomme (ohne dass mein Name fällt) tut mir gut. Weil hier meine Arbeit wirklich genutzt wurde. Um aus Krisen heraus zu kommen, um bewusst zu leben und um sich immer wieder neu unabhängig zu machen und um Ziele jenseits des Horizontes zu erreichen. Nicht mehr und nicht weniger habe ich ja gewollt. Der Triumph des Lehrers aber auch das immer wieder mitfühlen von Schmerz. Und der Freude. Akzeptieren, verstehen, verändern, gestalten. Mal sehen liebe Kerstin, wie oft uns das Schicksal noch zusammenführt.

Für den Interessenten mentaler Fitness geht es hier um Urvertrauen, Selbstakzeptanz und Konsequenz beim Leben der eigenen Werte. Empfehlung: Die beiden Alben von Kerstin Ott in Ruhe und immer wieder hören, die für einen aktuell zutreffenden Songs aufs Handy überspielen, ihre Biographie lesen und sich ein neues Tagebuch oder ein Tagebuch-App kaufen.


3. Die Hungrigen und die Satten – harte Kost für Realisten

Timur Vermes ist 1967 in Nürnberg geboren, sein Vater war Ungar. Er studierte Journalismus und wurde bekannt mit der fiktiven Polit-Satire „Er ist wieder da“. Adolph Hitler taucht plötzlich wieder auf, orientiert sich in unserer Zeit, wird von den Medien entdeckt und am Ende werben alle politischen Parteien darum, dass er bei ihnen Mitglied wird. Wegen seiner Führungsqualitäten. Aus dem Buch wurden ein Hörbuch und ein Film. Macht sehr nachdenklich, sollte man sich gönnen.

Timur Vermes Jetzt ist sein 2. Buch erschienen. Wiederum eine fiktive Geschichte. Eine charismatische machtbewusste Fern-sehjournalistin „Nadine Hackenbusch“, der man rein tonfallmäßig kaum zuhören kann - es liest wiederum der begnadete Rainer Maria Herbst - soll für einen Privaten Fernsehsender eine Reportage aus einem Flüchtlingscamp irgendwo inmitten von Afrika machen. Sie will endlich so bekannt und berühmt werden wie Verena Pooth und Margarethe Schreinemakers und ist plötzlich die Anführerin eines Flüchtlingstrecks von 150.000 afrikanischen Flüchtlingen auf dem Wege nach Deutschland. Merkel gibt es schon lange nicht mehr, nur der Innenminister kommt einem irgendwie bekannt vor. Man lernt wie man einen Treck von 150.000 Fußgängern bei einem Pensum von 15 km täglich organisiert, mit Wasser, Futter und Toiletten. Respekt. Dazu lernt man wie kreative Journalisten und gewinnorientierte Fernseh-Produktionsmanager Tag für Tag die Sendezeit erweitern und die Werbeeinnahmen erhöhen. Und man bekommt Einblicke in das Innen- und Alltagsleben von Staatsekretären und Ministern, die sich langsam auf die drohende Katastrophe vorbereiten können. Man ist hautnah dabei, wie der Suezkanal und Israel überwunden werden und wie die Türken wieder mal genial Deutschland austricksen.

Man kann sich der Faszination dieser Geschichte kaum entziehen. Die pubertäre Sprechweise der Personen um Nadine Hackenbusch war für mich eine einzige Akzeptanzübung. Das Ende wird als grausam angekündigt, aber dazu will ich hier nichts sagen. Auf jeden Fall ist für Überraschungen gesorgt. Man wird sehr nachdenklich und versteht die Welt wieder ein bisschen mehr. Mein Fazit: diese 15 Stunden und 14 Minuten sind wertvoll investierte Lebenszeit. Große Literatur, große Kunst. Eine bitterböse Satire. Grausam. Und wichtig. Empfehlung: man sollte es im Stück hören können, also am besten in einem Erholungsurlaub. Die Realität hat uns übrigens schon wieder eingeholt. Dieser Marsch findet gerade in Mexiko statt und Trumpel-Trump wird sicherlich dieses Stück Literatur noch übertreffen.

Für den bewussten Gestalter seines eigenen Lebens geht es hier um die soziale Dimension von Verantwortung und das sich immer wieder bewusst machen der eigenen Werte.


4. Was ist zum Teufel ein Normopath? - ein genialer Ost-Therapeut klärt auf. Vorsicht Aua

Hans-Joachim Maaz Sigmund Freud, Carl Gustav Jung, Carl Rogers und Irving D. Yalom sind die bekanntesten Psychotherapeuten der Welt, den ostdeutschen Hans Joachim Maaz kennt kaum jemand. Sollte man aber. Dr. Maaz war schon vor der Wende, ein auffälliger Zeitgenosse. Er sagt mehr und deutlicher als andere, was da sozial- und tiefenpsychologisch Sache war mit uns Ossis. Sein Arzt-Status und seine Therapieerfolge schützten ihn. Die Ostpsychotherapeuten waren ja bekannt für ihre konsequente Selbsterfahrungsausbildung. Ich hatte damals (1979 bis 1986) Schüler-Status und erinnere mich gerne daran, wie ich mich neben ihm auf meiner Matte liegend, urschreitherapeutisch von alten Schmerzen befreite. Maaz schrie einfach am lautesten und man war am Anfang dadurch abgelenkt, dass man ihm erstmal zuhörte. Nach der Wende verfasste er exzellente Analysen, warum und wie die Ossis anders sozialisiert wurden als die Wessis. „Der Gefühlsstau“, „Die narzisstische Gesellschaft“ waren und sind Bestseller. Mittlerweile hat er alle Deutschen im Erklärungs-Visier. Sein neuestes Werk „Das falsche Leben“ sollte JEDER unbedingt kennen. Als Faulpelzleser kann Das falsche Lebenman das Ganze natürlich auch auf Youtube als Vortrag „konsumieren“. https://youtu.be/CF32CpEqwkE. Mein alter Freund und Kollege Dr. Martin Rieger hat es mir mit dem Kommentar: „Maaz der Große hats noch drauf“ zugeschickt. Ein Video von eingeschenkt.tv. Eine aufklärende, beschwörende Predigt. Das Engagement und die Gefühle von diesem Mann zu spüren, wirkt sofort beim Zuhören und hinterlässt Spuren. Er will aufklären und ermutigen. Und das kann er verdammt gut. Was ist ein Normopath? Er bemüht sich immer angepasst und normal zu sein, will die Erwartungen der Gesellschaft erfüllen und lebt so ruckzuck (unbewusst natürlich) ein fremdbestimmtes falsches Leben. Nicht die eigenen Bedürfnisse und Werte zählen, eigene Ziele setzt man sich entweder gar nicht oder sie entspringen dem Mainstream, was ALLE oder Die ANDEREN machen. Die vielen Alltagsbeispiele sind ständiges Wiedererkennen pur. Es beginnt bei den Erziehungsfehlern der heutigen Mütter und den Väter und endet damit, warum wir die Illusion einer uns alle versorgenden Mutti brauchen und warum es gut tut endlich mal primitivst DAGEGEN sein zu dürfen. Eine sehr präzise Psycho-Analyse unserer Promi- und Leistungsgesellschaft. Als guter Therapeut erklärt er nicht nur das wie und warum, sondern auch was zu tun ist: Elternschule, Gefühlskunde und Konfliktbewältigung in der Schule. Beziehungskultur statt Wachstumskultur. Spätestens hier schreit es in einem Jawohl, genauso, sofort, Danke für diese endlich mal wirklich stimmige Neuorientierung.

Empfehlung: Wenn man die Zeit für Tatort, Heute Journal und WISO mal in dieses 72 Minuten-Video von Dr. Maaz investiert, ihm zuhört, sich berühren lässt, da passiert was. Versprochen. Danach kommt man nicht mehr umhin, sich das Buch zu kaufen und nach der Lektüre mit Ehepartnern und Freunden zu reflektieren, wie wir/du/er/sie/ich aus diesen neuen „Fallen“ rauskommen.

Nachtrag: Das Standard „Wessi-Vorurteil“ über Psychotherapie in Ostdeutschland war, „konntet Ihr denn da überhaupt was tun bei so viel Stasi?“ Das Gegenteil war der Fall, wir hatten Freiraum und den Schutz der Medizin. Als mein Chef Dr. Michael Geyer im September 1987 den ersten Kongress Ost- und Westdeutscher Psychotherapeuten in Erfurt veranstaltete, waren die West-Therapeuten sehr erstaunt über die differenzierte qualitativ hochwertige und nachhaltige Psychotherapie in der DDR. Als „Rache“ gegen die Wessi-Vorurteile (nach der Wende) gegenüber der ostdeutschen Psychotherapie hat Geyer dann 2011 eine 951 Seiten starke Dokumentation „Psychotherapie in Ostdeutschland Geschichte und Geschichten von 1945 bis 1995“ veröffentlicht. Sehr detailliert, anschaulich, beeindruckend. Fakten, Fakten, Fakten. Dass ich dort auch 3x vorkomme, tut mir natürlich heute noch gut.


5. Immer wieder neue Ziele braucht der Mensch

Dr. Karl Werner EhrhardtEine Standardfrage in den Kraftquellentrainings an die Trainer ist: Und was hast du so in deinem Alter (67) für Ziele. Ha, da blühe ich auf. Weil es auch für mich immer wieder Lebensqualität pur bedeutet, wenn ich Ziele finde, die mir guttun und die mich herausfordern. Stichwort: Was sollte alles noch passieren, bevor ich den Löffel abgebe. Jetzt gerade habe ich wieder ein geiles Ziel gefunden. Ich will noch einmal im Leben in einer Frühschicht in einer Bäckerei mitarbeiten. Ich will den Geruch des Brotbackens aufsaugen und am Backofen schwitzen. So wie ich es als Kind jeden Morgen vor der Schule machen musste. Aus heutiger Sicht machen „durfte.“ Die Idee stammt aus der ZDF Sendung: Mit 80 Jahren um die Welt: https://www.zdf.de/show/mit-80-jahren-um-die-welt. Da konnte sich jeder der Mitreisenden einen Herzenswunsch erfüllen. Und eine Teilnehmerin wollte noch mal einen Tag an einer Weinlese mitarbeiten. Wegen dem Geruch. Und den Gefühlen der Kindheit. Und genau das mache ich jetzt auch.

Herzliche Grüße vom Psychotherapeuten & Mental-Coach

Werner Ehrhardt
der sich immer über Post aller Art freut